Herzlichen Glückwunsch zu der Entscheidung, als Selbstständige oder Unternehmerin ausbilden zu wollen! Nun ist es Zeit zu analysieren, welche Personen alle an der Ausbildung beteiligt sind und was diese von dir, aber auch von der Ausbildung allgemein erwarten.
Die innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Beteiligten an der Ausbildung
Im Normalfall sind folgende Personen oder Institutionen an der betrieblichen Berufsausbildung beteiligt (fett markiert). Darüber hinaus habe ich einige optionale Vertreter hinzugefügt, die nur in bestimmten Situationen ebenfalls beteiligt sein können.
Beteiligte an der Ausbildung – innerbetrieblich | Beteiligte an der Ausbildung – außerbetrieblich |
– der/ die Ausbildende (als Selbstständige bzw. Unternehmerin bist das im Normall du) – optional: Ausbilder/ Ausbilderin (sofern du nicht selbst ausbilden darfst oder möchtest, kannst du die Ausbildungstätigkeit an einen persönlich sowie fachlich geeigneten Ausbilder delegieren – dennoch bist du natürlich immer als Ausbildende in der Verantwortung) – der/ die Auszubildende bzw. Azubi – optional: der/ die Ausbildungsbeauftragte (sofern du Mitarbeiter hast und diese persönlich geeignet sind, dürfen diese Fachkräfte an der Ausbildung mitwirken – dennoch bist du natürlich, ebenso wie beim Ausbilder bzw. der Ausbilderin, immer in der Verantwortung) optional: sonstige Fachkräfte im Unternehmen |
– Berufsschullehrer
– Ausbildungsberater der zuständigen Stelle (z.B. IHK oder HWK) – optional: Lehrlingswart (bei Ausbildungen im Handwerk) – gesetzliche Vertreter wie z. B. Eltern, Vormund (bei Auszubildenden unter 18) – optional: Berufsberater der Agentur für Arbeit (diese können dich bei der Suche nach Auszubildenden unterstützen) – optional: Ausbildungscoach (ein externer Dienstleister, den du bei Problemen in der Ausbildung zu Rate ziehen kannst) – optional: EURES-Berater (falls Teile der Berufsausbildung bei Partner-Unternehmen im Ausland absolviert werden) |
Analysiere die Erwartungen und Interessen aller Beteiligten
Nachdem du dir einen Überblick darüber verschafft hast, wer an der Ausbildung beteiligt ist, lohnt es sich zu überdenken, was den jeweiligen Personen oder Institutionen wichtig ist (beispielsweise deren Erwartungen oder welchen Einfluss sie auf die Ausbildung haben)
Tipp: Im Projektmanagement nennt man dieses Vorgehen eine Stakeholderanalyse. Damit verschaffst du dir nicht nur einen Überblick, sondern bekommst auch ein Gespür dafür, auf was du vor, während und nach dem Ausbildungsprozess achten solltest.
Als ich zum ersten Mal ausbildete, habe ich eine derartige (ganz einfach gehaltene) Analyse für mich, meine Auszubildende, den Ausbildungsberater der zuständigen Stelle und den Berufsschullehrer vorgenommen. Auszugsweise möchte ich dir mein Ergebnis nachfolgend vorstellen:
Beteiligter an der Ausbildung | Interessen und Erwartungen | Einfluss |
Ich als Ausbildende | – Im Vorfeld: einen geeigneten bzw. eine geeignete Auszubildende finden – Ich erwarte eine hohe intrinsische Motivation und ein großes Interesse für die Arbeit mit und bei mir. – Ich erwarte Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. – Darüber hinaus erwarte ich den regelmäßigen Besuch der Berufsschule. – Ich bestehe auf ein ordentliches Führen des Ausbildungsnachweisheftes als gegenseitige Absicherung. – Ich hoffe, dass ich mich menschlich gut mit ihr vertrage, was den Umgang und das Ausbilden enorm erleichtert. – Ich hoffe auf einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung. |
– Ich beeinflusse die körperliche, seelische und geistige Entwicklung meiner Auszubildenden. – Ebenso maßgeblich ihre Zukunft. – Ich beeinflusse die Vorbereitung meiner Auszubildenden auf Prüfung und die Zeit nach der Ausbildung maßgeblich. – Die Auszubildende ist finanziell abhängig von der pünktlichen Zahlung der Ausbildungsvergütung. |
Meine Auszubildende | – Sie möchte von mir nicht nur fachlich, sondern auch persönlich lernen und erwartet von mir ein vorbildliches Verhalten. – Sie möchte natürlich alle notwendigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erlernen, um das Ausbildungsziel zu erreichen. – Sie erwartet die Förderung ihrer Handlungskompetenz. – Sie möchte Berufserfahrung sammeln und praxisnahen Aufgaben nachgehen. – Sie möchte nach der Ausbildung in der Lage sein, einer qualifizierten Tätigkeit nachzugehen. – Sie erhofft sich wahrscheinlich, nach der Ausbildung weiter mit mir arbeiten zu können. – Sie möchte pünktlich ihre Ausbildungsvergütung erhalten. – Sie möchte für die Berufsschule und Prüfungen freigestellt werden. – Sie erwartet, dass ich mich an die Regelungen für Arbeitszeiten, Pausen und Urlaub halte. |
– Ihre Lernbereitschaft und ihr Interesse beeinflusst maßgeblich den Lernerfolg. – Darüber hinaus auch unsere Produktivität. – Ihr Empfinden der Ausbildung bei mir und ihre Gespräche darüber mit Anderen, erleichtern oder erschweren mir die spätere Suche nach geeigneten Auszubildenden. |
der Klassenlehrer in der Berufsschule bzw. die Berufsschule | – Die Lehrer in der Berufsschule erwarten, dass ich meine Auszubildende angemessen fördere und fordere. – Abgesehen davon, dass ich den Lernfortschritte meiner Auszubildenden regelmäßig kontrolliere und Inhalte gemäß dem Prinzip der didaktischen Parallelität weiter vertiefe. – Der Klassenlehrer erwartet, dass ich die Möglichkeit der Ausbildersprechtage in Anspruch nehme und wir Kontakt halten. – Die Berufsschule erwartet, dass ich nicht vermittelte Inhalte aufgrund meiner Lehrpflicht selbst vermittle. – Ebenso wird von mir eine umfassende Prüfungsvorbereitung erwartet. |
– Die Vermittlung von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten in der Berufsschule ist Teil der Grundlage meiner betrieblichen Ausbildung. – Je besser wir zusammenarbeiten, umso besser wird das Gesamtergebnis der Ausbildung sein. – Sollte ich mich nicht an rechtliche oder pädagogische Grundsätze der Ausbildung halten, wird der Klassenlehrer meine Auszubildende bei der Durchsetzung ihrer Interessen unterstützen. |
der Ausbildungsberater der zuständigen Stelle (z. B. IHK oder HWK) | – Es ist im Interesse der zuständigen Stelle, dass ich für das Ausbildungsziel ausbilde und meine Auszubildende zu einer guten Fachkraft ausbilde. – Die zuständige Stelle erwartet, dass ich mich ordnungsgemäß als Ausbilderin eintrage. – Darüber hinaus, dass ich alle Formalien rund um den Ausbildungsvertrag und dessen Eintragung in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse bzw. die Lehrlingsrolle einhalte. – Es wird erwartet, dass ich alle Gebühren fristgerecht bezahle. – Auch die pünktlichen Prüfungsanmeldungen werden vorausgesetzt. |
– Die zuständige Stelle zertifiziert mich als Ausbildungsbetrieb. – Der Ausbildungsberater steht mir und meiner Auszubildenden bei Fragen zur Verfügung. – Er kann mir jedoch bei einer minderwertigen Ausbildung auch die Erlaubnis zur Ausbildung entziehen. – Der Ausbildungsberater kann mir im Falle eines Ausbildungsabbruchs durch meine Auszubildende dabei helfen zeitnah eine andere Auszubildende bzw. einen anderen Auszubildenden zu finden. |
Hinweis: Bei Minderjährigen Auszubildenden solltest du auch die Interessen der gesetzlichen Vertreter im Blick behalten, da sie nicht nur Ansprechpartner bei rechtlichen, sondern auch pädagogischen Aspekten sind.
Warum sich die Mühe machen?
Vielleicht fragst du dich, warum man eine derartige Übersicht überhaupt erstellen sollte. Ganz einfach: Es hilft ungemein, die sich aus den Rechten und Pflichten der Beteiligten ergebenden Aufgaben im Blick zu behalten. Wie du dabei am besten vorgehst, verrate ich dir im dritten Artikel des Specials „Projekt: Ausbildung“.
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