Hallöli,
in diesem Artikel erfährst du, was das Ziel jeder Berufsausbildung im dualen System ist und wie berufliche Handlungskompetenz definiert wird.
Was ist das Ziel einer dualen Berufsausbildung?
- Eine meiner ersten Fragen in einem Kurs für die Ausbildung der Ausbilder lautet: Was ist eigentlich das Ziel einer dualen Berufsausbildung?
- In 99 Prozent der Fälle lautet die Antwort meiner Teilnehmer: Na, das Bestehen der Prüfung.
Auch wenn es seltsam klingt, dass ist rechtlich betrachtet falsch. Das Berufsbildungsgesetz definiert das Ziel der Berufsbildung in Paragraph 1 Absatz 3 folgendermaßen:
Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.
Aus dem Paragraphen leiten sich noch weitere Ziele ab: Es müssen alle notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt und der Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen ermöglicht werden.
Auch Ausbildungsordnungen geben Aufschluss darüber, was das Ziel der Berufsausbildung ist bzw. wie berufliche Handlungskompetenz definiert wird:
Die in dieser Verordnung genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sollen so vermittelt werden, dass die Auszubildenden zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Absatz 3 des Berufsbildungsgesetzes befähigt werden, die insbesondere selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt. Diese Befähigung ist auch in den Prüfungen nach den §§ 6 und 7 nachzuweisen.
Kurz gefasst bedeutet das:
Der Auszubildende soll:
- (berufliche) Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erlernen
- seine Handlungen selbstständig planen, durchführen und kontrollieren können
- Berufserfahrung erwerben
- zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit befähigt werden
Natürlich könnte man nun im weiteren Sinne argumentieren, dass diese Befähigung in einer Prüfung nachgewiesen werden muss – aber das ist eher ein sekundäres Ziel. Deutlich wichtiger sind die oben aufgezählten Aufgaben für Ausbildende und Ausbilder – denn das können sie maßgeblich beeinflussen. Ob die Prüfung am Ende bestanden wird, liegt nicht mehr in ihrer Hand.
Das ganze kannst du dir auch noch mal in meinem Video zum Thema „das Ziel der Berufsausbildung“ ansehen:
Hier geht es zum Video auf YouTube.
Ein Blick zurück: Wie war das früher mit der beruflichen Handlundskompetenz?
Natürlich sollten Gesellen und Facharbeiter auch schon vor 100 Jahren nach Ihrer Lehre selbstständig arbeiten – doch es war eben nirgendwo verankert. Bis 1987 als es zur Neuordnung der industriellen Metall- und Elektroberufe kam, stand lediglich die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen im Vordergrund. 1
Durch diesen Wandel wurden zahlreiche Ausbildungsordnungen überarbeitet mit dem Ziel, konkretere Anforderungen an Ausbildende, Ausbilder und Auszubildende zu stellen, die auch zunehmend messbarer wurden.
Was ist berufliche Handlungskompetenz?
Auch wenn die Bezeichnung es anmuten lässt: Bei der beruflichen Handlungsfähigkeit geht es nicht nur um rein fachliche Kompetenzen. Vielmehr soll der Auszubildende ganzheitlich betrachtet werden – wodurch auch seine persönlichen und sozialen Fähigkeiten in die berufliche Handlungskompetenz einfließen.
Der Grund dafür ist sehr simpel: Der/ Die Auszubildende greift während der Arbeit nicht nur auf seine fachliche Kompetenz zurück, sondern benötigt auch persönliche und soziale Kompetenzen, um seine Aufgaben zu bewältigen.
Kurz gefasst: Was umfasst die berufliche Handlungskompetenz?
Die berufliche Handlungsfähigkeit setzt sich aus verschiedenen Teilbereichen zusammen. Zu den wichtigsten Kompetenzen zählen:
- Fachliche Kompetenz (oft auch Sach- und Methodenkompetenz 2)
- Persönliche Kompetenz (oft auch Selbstkompetenz)
- Soziale Kompetenz (oft auch Sozialkompetenz)
Diese Bestandteile der beruflichen Handlungskompetenz greifen natürlich ineinander über und können im Alltag nur schwer isoliert betrachtet werden. Aus den verschiedenen Kompetenzen lassen sich weitere Schlüsselqualifikationen ableiten, über die ich in einem anderen Artikel noch ausführlicher schreiben werde.
Beispiel für die Förderung von Handlungsfähigkeit
Ein plakatives Beispiel für berufliche Handlungskompetenz: In der Verordnung über die Berufsausbildung zum Kaufmann für Büromanagement und zur Kauffrau für Büromanagement (Büromanagementkaufleute-Ausbildungsverordnung – BüroMKfAusbV) ist unter § 4 Struktur der Berufsausbildung, Ausbildungsberufsbild geregelt, dass Auszubildende u. a. gemeinsame berufsprofilgebende Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erlernen sollen, zu denen auch bürowirtschaftliche Abläufe zählen. 3
Im passenden Ausbildungsrahmenplan werden diese bürowirtschaftliche Abläufe genauer definiert:
- b) Posteingang und -ausgang bearbeiten
Wann ist ein Auszubildender/ eine Auszubildende darauf bezogen beruflich handlungsfähig? Genau, wenn
- du ihr alle Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse rund um die Themen Posteingang- und ausgang vermittelt hast,
- er/sie die Durchführung dieser Handlungen selbstständig planen, durchführen und kontrollieren kann,
- die Post ordentlich und korrekt bearbeitet wurde und
- die Aufgabe auch gelöst werden, wenn Abweichungen von der Norm auftreten (z. B. größerer Briefumschlag, höheres Gewicht).
- Sollte die/ der Auszubildende nicht alleine weiterkommen, wendet er/sie sich an den Ausbildenden, Ausbilder oder Ausbildungsbeauftragten um Hilfe zu bekommen.
Die Stufen der beruflichen Handlungskompetenz
Die besagten Kompetenzbereiche können auch noch mal unterschieden werden:
1 | Fachliches Wissen besitzen und verschiedene Methoden kennen | Ein realistisches Selbstbild haben | Andere mit ihren Eigenarten wahrzunehmen |
2 | Beides anwenden können | Den eigenen Überzeugungen nach zu handeln | Eine gemeinsame Ebene zu finden bzw. sich mit ihnen verständigen können |
Niveau 3 gilt für alle: Der/ die Auszubildende ist bereit, diese Kompetenzen auch einzusetzen bzw. die daraus resultierende Verantwortung zu übernehmen.
Wichtig ist es also für Ausbilder dafür Sorge zu tragen, dass Auszubildende nicht nur ihre Kompetenzen erweitern, sondern auch bereit sind, diese im Alltag umzusetzen.
Zusammenfassung der behandelten Fragen zum Thema „Ziel einer Berufsausbildung und berufliche Handlungskompetenz“ in diesem Artikel:
- Was ist das Ziel einer Ausbildung?
- Was ist das Ziel einer Berufsausbildung?
- Was ist berufliche Handlungskompetenz?
- Was umfasst die berufliche Handlungskompetenz?
- Wie erreicht man berufliche Handlungskompetenz?
- Bereiche/ Konzept/ Übersicht/ Bestandteile/ Teilkompetenzen/ Modell der beruflichen Handlungskompetenz
- Stufen der beruflichen Handlungskompetenz
Quellen:
- Quelle: Kompetenzstandards in der Berufsausbildung: https://www2.bibb.de/bibbtools/tools/dapro/data/documents/pdf/zw_43201.pdf; abgerufen am 4. Januar 2017
- Quelle: Reetz, Lothar (1999): Zum Zusammenhang von Schlüsselqualifikationen – Kompetenzen – Bildung.: http://www.sowi-online.de/book/export/html/397; abgerufen am 4. Januar 2017
- Quelle: Verordnung über die Berufsausbildung zum Kaufmann für Büromanagement und zur Kauffrau für Büromanagement (Büromanagementkaufleute-Ausbildungsverordnung – BüroMKfAusbV): https://www.gesetze-im-internet.de/b_romkfausbv/BJNR412500013.html; abgerufen am 4. Januar 2017
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