Wie ist das eigentlich mit den finanziellen Hilfen für Auszubildende?

Hallöchen 🙂

In wenigen Wochen beginnt das neue Ausbildungsjahr und während dessen Vorbereitung wahrscheinlich in vielen Unternehmen auf Hochtouren läuft, umtreibt junge Menschen vielleicht eine ganz andere Frage: Wird die Ausbildungsvergütung ausreichen?

Sind Ausbildungsvergütungen denn so gering?

Glaubt man den Auswertungen des Bundesinstituts für Berufsbildung, verdienten Auszubildende im Jahr 2016 durchschnittlich 854 Euro/ Monat, was eine Steigerung von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmacht 1. Doch schaut man genauer hin, fällt auf, dass dieser Wert

  • maßgeblich davon abhängt, ob ein Tarifvertrag gilt,
  • der Auszubildende im Osten oder Westen Deutschlands abhängt und
  • welche Tarifvereinbarungen für diese Statistik überhaupt ausgewertet wurden.

Zum Glück gibt es seit 2020 die Mindestausbildungsvergütung. Denn viele Arbeitgeber hatten eine etwas irritierende Vorstellung einer “angemessenen Ausbildungsvergütung”. So gibt es Maßschneider, die 160 € monatliche Ausbildungsvergütung erhielten. Die Mindestausbildungsvergütung durchläuft drei Schritte und zwar genauso, wie hier beschrieben:

  1. Im ersten Schritt muss der Ausbildungsbetrieb prüfen, ob er sich nach einem Tarifvertrag richten muss, also ob eine tarifliche Bindung vorliegt. Falls dem so ist, muss die darin enthaltene Ausbildungsvergütung gezahlt werden.
  2. Sollte 1. nicht zutreffen, muss der Ausbildungsbetrieb bei der zuständigen IHK/HWK herausfinden, ob ein branchenähnlicher Tarifvertrag existiert. Wenn der Betrieb also ein kleiner Emma-Laden ist, wird vermutlich irgendein Tarifvertrag für den Einzelhandel gelten. Wenn dem so ist, ist die darin angegebene Ausbildungsvergütung verpflichtend. Der Ausbildungsbetrieb darf allerdings 20 Prozent weniger zahlen als im Tarifvertrag angegeben ist.
  3. Wenn aber 1. und 2. nicht zutrifft, gilt die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung. Diese findest du hier in § 17 BBiG.

Warum ist Geld für junge Menschen überhaupt so wichtig?

Wenn es um das Thema Ausbildungsvergütung geht, streiten sich oft die Geister. Während die einen meinen, dass “Lehrjahre keine Herrenjahre seien” und Auszubildende schon genug verdienen, gibt es jene, die den Wert in der Ausbildung und den jungen Menschen erkennen – und für eine angemessene Vergütung plädieren.

Ich schließe mich letzterem an und möchte betonen: Geld gehört in unserer Gesellschaft leider zu den Grundvoraussetzungen – nicht nur in privater Sicht, sondern auch für die Ausbildung. Denn durch ein geringes Einkommen kann dein Auszubildender sich eventuell

  • die Fahrten zum Unternehmen sowie
  • zur Berufsschule,
  • die benötigten Lernmittel,
  • angemessene Kleidung,
  • Verpflegung

nicht mehr leisten. Weiterhin ist er mit den Gedanken höchstwahrscheinlich eher bei seinen Problemen, als bei der Arbeit, wodurch zwangsläufig die Leistung sinkt. Sofern euer Unternehmen ihm nicht kündigt, wird er im schlimmsten Fall die Ausbildung sogar selbst abbrechen.

Welche finanziellen Hilfen für Auszubildende gibt es?

Sollte die Ausbildungsvergütung nicht ausreichen, gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten, die deinem Auszubildenden das Leben erleichtern können. Mehr darüber erfährst du in der folgenden Tabelle:

finanzielle Beihilfe Hinweise
Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) Wer hat Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)?

Anspruch auf BAB hat, wer nicht mehr bei seinen Eltern wohnt, weil beispielsweise

  • der Ausbildungsbetrieb zu weit vom Elternhaus entfernt ist oder
  • andere (meistens sehr dramatische Gründe) dafür sprechen, nicht mehr bei den Eltern zu wohnen,
  • der Auszubildende verheiratet ist
  • oder inzwischen selbst ein Kind hat
  • und eine duale Berufsausbildung absolviert.

Wann sollte der Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gestellt werden?

Die Zahlung erfolgt für die Dauer der Berufsausbildung, allerdings nicht rückwirkend. Daher sollte der Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe rechtzeitig vor Beginn der Berufsausbildung gestellt werden, damit die Zahlung pünktlich zum Ausbildungsbeginn gewährt wird.

Wie hoch ist Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)?

Das lässt sich pauschal nicht so sagen. Es hängt von Faktoren wie der Höhe der Ausbildungsvergütung und eventuell dem Einkommen der Eltern/ dem Partner ab. Falls ihr im Vorfeld berechnen wollt, wie hoch das BAB sein kann, ist der BAB-Rechner der Arbeitsagentur eine gute Anlaufstelle.

Wo kann Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beantragt werden?

Beantragen kann dein Auszubildender BAB allerdings nur selbst unter:

  • online: unter www.arbeitsagentur.de -> in der Rubrik “Meine eServices”,
  • persönlich bei Ihrer Agentur für Arbeit oder
  • telefonisch unter der gebührenfreien Servicerufnummer 0800/4555500.
Wohngeld Sollte die Berufsausbildungsbeihilfe (kurz BAB) abgelehnt werden, empfiehlt sich der Antrag auf Wohngeld.

Wer hat Anspruch auf Wohngeld?

Diesen kann grundsätzlich jede einkommensschwache Person stellen, die die Wohnraum gemietet hat und diesen selbst nutzt. Mehr dazu erfährst du in § 3 Wohngeldberechtigung, Wohngeldgesetz (WoGG).

Wann sollte der Antrag auf Wohngeld gestellt werden?

Ich würde fast empfehlen zusammen mit dem Antrag auf BAB oder zumindest rechtzeitig vor Ausbildungsbeginn.

  1. Sollte BAB gewährt werden, entfällt der Anspruch auf Wohngeld entsprechend Zuschüsse nach § 22 Abs. 7 SGB II (Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) und Ausbildungsgeld).
  2. Wird BAB abgelehnt, ist der Antrag schon gestellt und die Bearbeitung im vollen Gange.

Die zuständige Wohngeldstelle wird ohnehin einen Nachweis über den BAB-Antrag (entweder positiv oder negativ) verlangen, wodurch dein Auszubildender nichts falsch machen kann, solange er alles offenlegt.

Wie viel Wohngeld gibt es?

Die Höhe des Wohngelds hängt von Faktoren wie der

  • Höhe der Ausbildungsvergütung,
  • Höhe der Miete und
  • der Anzahl der Familienmitglieder, die in der Wohnung leben

ab.

Wo kann Wohngeld beantragt werden?

Das variiert je nach Bundesland. Daher sollte dein Auszubildender bei der zuständigen Gemeinde/ Rathaus/ Stadtverwaltung nachfragen.

Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) Viele denken beim BAföG an Studenten, doch das Bundesausbildungsförderungsgesetz sieht auch die Förderung von Berufsausbildungen vor.

Wer hat Anspruch auf BAföG?

Persönliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausbildungsförderung nach Bundesausbildungsförderungsgesetz sind

  • eine deutsche Staatsangehörigkeit oder ein in § 8 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) aufgeführter aufenthaltsrechtlicher Status,
  • die allgemeine Eignung für die gewählte Ausbildung und
  • das Nichtüberschreiten der Altersgrenze von 30. Lebensjahren.

Wann sollte der Antrag auf BAföG gestellt werden?

Ebenso wie die anderen Anträge rechtzeitig vor Ausbildungsbeginn.

Wie hoch ist BAföG?

Auch die Höhe des BAföGs ist wieder abhängig von verschiedenen Faktoren wie

  • der Höhe der Ausbildungsvergütung
  • dem Einkommen der Eltern/ dem Partner ab.

Es gibt aber auch hierfür BAföG-Rechner, mit denen man errechnen kann, ob überhaupt ein Anspruch besteht.

Wo kann BAföG beantragt werden?

Der BAföG-Antrag kann beim zuständigen Amt für Ausbildungsförderung gestellt werden.

Kindergeld Die Bezeichnung Kindergeld impliziert oft “Geld für Kinder” – doch auch Jugendliche oder Volljährige haben unter bestimmten Voraussetzungen noch Anspruch auf Kindergeld (oder deren Eltern).

Wer hat Anspruch auf Kindergeld?

Generell gilt: Für Auszubildende gibt es bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres weiter Kindergeld. Wer der Kindergeldempfänger ist, hängt von der Lebenssituation ab. Im Normalfall erhalten die Eltern die Kindergeldzahlung, doch mit einer entsprechenden Abtretungserklärung, kann der Anspruch auch auf das Kind selbst übergehen.

Wie viel Kindergeld gibt es?

  • Für das erste und zweite Kind erhalten Eltern 192 Euro im Monat.
  • Für das dritte Kind 198 Euro monatlich.
Bildungskredit Sollten die anderen Fördermöglichkeiten nicht zutreffen oder bereits erschöpft sein, gibt es die Möglichkeit einen Bildungskredit zu beantragen. Positiv hieran ist, dass die Förderung unabhängig vom Einkommen der Eltern vergeben wird. Allerdings muss das Darlehen auch wieder zurückgezahlt werden.

Nebenjob als Auszubildender – dürfen Azubis nebenbei noch arbeiten gehen?

Generell ja. Welche Aspekte hierbei beachtet werden sollten, erfährst du in dem entsprechend Artikel zum Thema Nebenjob als Auszubildender.


Abschließend möchte ich noch mal betonen, dass du als Ausbilder ein großes Interesse daran haben solltest, dass dein Auszubildender finanziell stabil ist – denn wenn seine Grundbedürfnisse gestillt sind, kann er sich rundum auf seine Ausbildung bei dir konzentrieren. 💪❤

Quellen:

  1. Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen 2016: https://www.bibb.de/de/57121.php

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