Huhu 🙂
“Was, in dem Betrieb arbeitest du???”
“Wir finden keine Auszubildenden! Die jungen Leute haben einfach keine Lust mehr auf Arbeit!”
Fragst du dich, was diese beiden Aussagen miteinander zu tun haben?
Im Ausbildungsjahr vor Corona konnten knapp 48.937 Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Dem gegenüber stehen allerdings 23.712, beim Arbeitsamt gemeldete, Bewerber für Berufsausbildungsstellen. Sehr seltsam, oder? Fast 50.000 freie Lehrstellen, und trotzdem so viele arbeitssuchende junge Menschen?
Natürlich könnte man jetzt ganz einfach sagen:
- Die sind einfach zu faul zum Arbeiten
- Die jungen Leute sind zu verwöhnt
- Von denen will sich keiner mehr die Hände schmutzig machen
Aber vielleicht ist die Lösung viel komplexer? Dieser Frage möchte ich hier auf den Grund gehen.
Ein Blick in die Statistik
Ich kann mich nur gut erinnern, dass 2017 die magische Zahl 48.937 wie ein Schreckgespenst durch die Medienwelt waberte. Mit einem Aufschrei verbreiteten Fernsehsender und Radios, wie viele freie Ausbildungsplätze es gäbe. Wenn man sich im Vergleich dazu aber mal ansieht, wie viele Ausbildungsplätze besetzt wurden bzw. wie viele junge Menschen erfolgreich einen Ausbildungsplatz gefunden habe, wirkt das ganze schon mal etwas angenehmer:
- 547.824 Bewerber für Berufsausbildungsstellen
- 549.785 gemeldete Berufsausbildungsstellen
- 524.112 versorgte Bewerber für Berufsausbildungsstellen
Soooooo faul und unnütz sind die jungen Menschen also gar nicht?
Wie könnte man die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze senken? Oder auch: Was können Ausbildungsbetriebe tun?
Vielleicht bist du gleich überrascht – aber die Antworten auf die Frage, was man gegen die hohe Zahl der freien Ausbildungsplätze tun kann, sind im Grunde total banal.
1. Eine Analyse der Ist-Situation
Schaut man sich an, in welchen Branchen die meisten Ausbildungsplätze freigeblieben sind,
kommt man auf diese Top 3:
- Handwerk
- Einzelhandel
- Gastronomie
Oder anders gesagt: die Jobs mit der größten Arbeitsunzufriedenheit und der höchsten Zahl an Ausbildungsabbrüchen. Obwohl mehrere Studien inzwischen die folgenden fünf Hauptgründe für Probleme anführen:
- Konflikte mit Ausbildern,
- eine mangelhafte Ausbildungsqualität und
- schlechte Arbeitsbedingungen
- Ursache 4 und 5 folgen gleich
wird der schwarze Peter in der Öffentlichkeit doch viel zu oft den jungen Menschen zugeschoben.
2. Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Daher solltest auch du als Ausbilder mal kritisch hinterfragen, welche Arbeitsbedingungen ihr bietet. Nicht nur den Auszubildenden, sondern auch den Fachkräften. Dir muss bewusst sein, dass jeder eurer Mitarbeiter – von Aushilfen, über Mini-Jobber bis hin zu Führungskräften, Aushängeschilder für euer Unternehmen sind. Zufriedene Mitarbeiter sprechen positiv über ihr Unternehmen und ziehen entsprechend gute Mitarbeiter an. Umso wichtiger ist es, das eigene Personal zu hegen und zu pflegen.
Zwar sind Worte wie Auszubildenden- und Fachkräftemangel in aller Munde, aber die Konsequenz daraus, dass potenzielle Mitarbeiter sich nicht mehr bewerben, sondern Unternehmen um sie werben müssen, ist noch nicht überall angekommen.
Der Zusammenhang von Image und Bewerberzahl
Du wirst es dir schon denken können, aber daher beeinflusst der Ruf deines Unternehmens den Erfolg oder Misserfolg des Ausbildungsmarketings maßgeblich.
- Je besser das Image eures Unternehmens, umso mehr geeignete Bewerber mit guten Voraussetzungen
- Je schlechter das Image eures Unternehmens, desto mehr ungeeignete Bewerber zieht ihr an. Diese betrachten dein Unternehmen im schlimmsten Fall eher als Notnagel, bevor sie arbeitslos sind
- Bei einem richtig miesen Image bleiben die erhofften Bewerbungen vielleicht sogar ganz aus
3. Modernes Ausbildungsmarketing
Was ist Ausbildungsmarketing? Die Bezeichnung Ausbildungsmarketing umfasst alle Maßnahmen zur Besetzung freier Ausbildungsplätze. Dazu gehören beispielsweise Anzeigen in Print- und anderen Medien, Tage der offenen Tür, euer Internetauftritt usw.
Vor allem mittelständische Unternehmen setzen sehr oft auf klassisches Ausbildungsmarketing – in Form von Werbung in der Zeitung. Das ist nicht falsch, bitte missverstehe mich nicht – aber einem muss bewusst sein, dass man damit nicht mehr unbedingt die jungen Menschen selbst erreicht, sondern meistens ihre Eltern und Großeltern. Nur noch etwa 21 Prozent der jungen Menschen lesen eine Tageszeitung! Aber 99 Prozent der jungen Menschen surfen zumindest gelegentlich im Internet.
Daher ist es unerlässlich darauf zu achten, wie das Unternehmensimage in den sozialen Medien und allgemein im Internet ist. Mein wichtigster Tipp daher ist: Google dich bzw. dein Unternehmen regelmäßig. Vor allem Bewertungsportale wie Kununu aber auch soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram bergen die Gefahr, in ein schlechtes Licht gerückt zu werden. Während meiner Tätigkeit als Beraterin für Ausbildungsbetriebe habe ich bereits mehrfach erlebt, dass es Personalverantwortlichen sprichwörtlich schlecht wurde, als sie lasen, was im Internet über ihr Unternehmen geschrieben stand.
Wie ist die Meinung über dein Unternehmen im Netz? Solltest du negative Dinge im Netz über dein Unternehmen entdecken, ist es keine Lösung, den Kopf in den Sand zu stecken! Wenn es die Möglichkeit gibt zu kommentieren, nutzt die Chance einer freundlichen, aber aussagekräftigen Stellungnahme zu den Vorwürfen.
4. Zeigt, wer ihr seid und was ihr bietet
Eine schöne Möglichkeit des Ausbildungsmarketings sind Recruitingvideos. Ein tolles Beispiel der Firma iwis aus München findest du auf https://www.netzfilm.de/employer-branding/. Solche Recruitingfilme sind anders als Imagefilme keine Werbefilme für Produkte oder Leistungen, sondern zielen auf eine Darstellung des Unternehmens bzw. dessen Ausbildungsmöglichkeiten ab. Besonders spannend sind hier Kurzfilme aus Sicht der Auszubildenden – denn nichts ist aussagekräftiger als ein strahlender Auszubildender, der von seiner spannenden Arbeit in deinem Unternehmen erzählt. So räumt ihr auch direkt mit einem weiteren Grundproblem auf: falschen Berufsvorstellungen von jungen Menschen. Je ehrlicher der Einblick in dein Unternehmen, umso besser.
5. Auszubildende sind keine Arbeitnehmer zweiter Klasse
Wie ich oben bereits erwähnte, ist die Mitarbeiterpflege ungemein wichtig. Dazu zählt auch, als Ausbilder ein offenes Ohr für die persönlichen Belange der jungen Menschen zu haben und sie ernst zu nehmen. Ganz abgesehen davon solltest du Sätze wie “Lehrjahre sind keine Herrenjahre” aus deinem Vokabular löschen. Natürlich sollen die jungen Menschen wissen, dass Sie sich bestimmten Regeln und Normen in einem Unternehmen beugen müssen – aber das ganze sollte dennoch mit Respekt vonstattengehen.
Wie sieht es bei dir im Unternehmen aus? Hast du dich oder deinen Betrieb schonmal gegoogelt?
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