Corona & Ausbildung – Tipps für Ausbilder

Huhu 😊

Wir wissen, was der Lockdown für Ausbildungsbetriebe, Ausbilder und Auszubildende bedeutet. Leider finden diese Gesellschaftsgruppen im öffentlichen Diskurs viel zu wenig Beachtung, obwohl ihr doch so viel stemmt – trotz der Pandemie. Daher möchten wir uns bei jedem von euch bedanken! Ihr seid eine immens wichtige Tragsäule der Gesellschaft! Gebt die Hoffnung nicht auf – es kommen auch wieder leichtere Tage!

Heiko und ich wünschen dir, deinen Lieben und natürlich auch deinen Auszubildenden ganz viel Kraft für die nächsten Wochen. 🌼

Ich kann mich noch gut an meine Teilnehmer erinnern, die lachten, wenn ich folgendes Szenario vorstellte:

“Stellen Sie sich vor, wir hätten eine Pandemie und die Berufsschulen sind zu. Wer ist dafür verantwortlich, den Auszubildenden den Lernstoff zu vermitteln?”

Nun … seit 2020 ist keinem mehr zum Lachen zumute, denn daraus wurde bittere Realität. Die Berufsschulen sind seit März 2020 schon mehrere Wochen zu gewesen und derzeit ist kein Ende in Sicht.

Leider ist die rechtliche Situation nicht für alle klar Ausbilder und Auszubildenden klar, wie ich in Gesprächen mit unserer IHK erfuhr. In den letzten Wochen erreichten mich zudem auch viele Leserfragen. Daher möchte ich in diesem Ratgeber alle häufigen Fragen sammeln. Sollte noch etwas unklar sein, hinterlasse mir gerne einen Kommentar. 😊

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Wer ist für die Vermittlung des Lernstoffes verantwortlich, wenn die Berufsschule ausfällt?

Ihr als Betrieb – das war aber schon immer so. Der Grund dafür ist rechtlich ganz einfach: Es gibt zwar eine Berufsschulpflicht, aber keine Pflicht zur Vermittlung von Inhalten seitens der Berufsschule.

Dem gegenüber steht der Ausbildungsbetrieb, der sehr wohl einen Ausbildungsvertrag mit dem Auszubildenden beschließt. Darin sind zwei Elementare Pflichten festgehalten:

LehrpflichtLernpflicht
Als Ausbilder bzw. Ausbildungsbetrieb ist es eure Pflicht, dem Auszubildenden alle ausbildungsrelevanten Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln.1

Darüber hinaus sind in den Ausbildungsordnungen folgende Vorgaben verankert:
– Auszubildende sollen lernen, beruflichen Handlungen selbstständig zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren.
– Sie sollen zur Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit befähigt werden.
– Hierfür sollen sie während der Ausbildung Berufserfahrung erwerben.
➡️ Kurz: der Auszubildende soll die berufliche Handlungsfähigkeit erlangen!
Der Auszubildende hat im Gegenzug die Lernpflicht. Das bedeutet, er muss sich ernsthaft bemühen, alle ausbildungsrelevanten Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse zu erlernen, sowie die berufliche Handlungsfähigkeit zu erlangen. 2

Vor einigen Jahren habe ich zum Thema “Das Ziel der Berufsausbildung” bzw. Lehrpflicht auch mal ein ausführliches Video gedreht:

Ignorier bitte, dass dort eine andere URL angegeben ist – AdA2go.de ist 2019 erst entstanden, vorher waren die Inhalte auf Katja-Schoenefeld.de zu finden.

Ausbildung in Corona-Zeiten – was bedeutet das genau?

Egal ob euer Betrieb aufgrund des Lockdowns geschlossen ist oder nicht: du bist als Ausbilder dazu verpflichtet, den Lernstoff zu vermitteln bzw. deinen Auszubildenden bei der Erarbeitung zu unterstützen. Dafür müsst ihr euch natürlich nicht persönlich treffen. Ihr könnt auch per Telefon, Mail, Chat, Videochat oder was auch immer kommunizieren.

Deine Ausbildungstätigkeit besteht im Falle eines geschlossenen Betriebes aus folgenden Tätigkeiten:

  • dem Zusammenstellen und Versenden der Lerninhalte, die du im Betrieb vermittelt hättest
  • dem Zusammenstellen und Versenden der Lerninhalte, die in der Berufsschule vermittelt worden wären – sofern die Berufsschule keine Aufgaben verschickt
  • deinen Auszubildenden bei der Erarbeitung zur Seite zu stehen, wenn er Fragen hat
  • regelmäßige Lernerfolgskontrollen durchzuführen

Darf eure Firma wie gewohnt arbeiten, kannst du natürlich auch Unterweisungen vornehmen. In dem Fall musst du allerdings auch dafür Sorge tragen, dass dein Auszubildender den Stoff der Berufsschule lernt und die Aufgaben abarbeitet.

❗In Gesprächen mit Ausbildungsberatern der IHK erfuhr ich, dass einige Betriebe die ausgefallene Berufsschulzeit 1:1 mit Arbeitszeit füllen. Das ist allerdings nicht in Ordnung, da die Auszubildenden zwar keine Präsenzpflicht in der Berufsschule haben, aber
1) trotzdem den Stoff erarbeiten müssen
2) die Aufgaben erledigen müssen
3) irgendwann Klausuren über die Inhalte schreiben – bei denen sich genau dieses Verhalten der Betriebe rächt.

Was tun, wenn der Auszubildende Inhalte nicht versteht?

Mir ist klar, dass es gar nicht so einfach ist, den Berufsschulstoff zu vermitteln – vor allem, wenn Auszubildende Defizite oder eine Lernschwäche haben. Wenn klassische Mittel wie Bücher nicht helfen, empfehle ich einen Blick ins Netz. Inzwischen gibt es tolle Seiten wie Mathe2go.net, die spezifische Lerninhalte anschaulich darstellen. Die Tipps und Anleitungen helfen auch dir, wenn du selbst mal auf dem Schlauch stehst. 😁 Zudem gibt es inzwischen auch zahlreiche Online-Nachhilfe-Services, die per Videochat Fragen klären.

❗Wichtig ist allerdings, dass du dich wirklich intensiv darum kümmerst. Andernfalls werden die Lücken immer größer, was sich allerspätestens bei der Prüfung rächt.

Dürfen Abschlussprüfungen stattfinden?

Diese Frage wird in den jeweiligen Landesverordnungen deines Bundeslandes geklärt. Ich würde dir raten, Folgendes im Internet suchen: “Corona IHK Prüfungen *Ort deiner zuständigen IHK*”.

💡Beispiel: “corona ihk prüfungen magdeburg” -> eins der ersten Ergebnisse ist eine Unterseite der IHK mit dem Hinweis, dass die Prüfungen weiter stattfinden. In den meisten Fällen findest du dort auch die Nummer einer Hotline oder eines Ansprechpartners, den du zur Sicherheit noch mal fragen kannst.

Darf mein Auszubildender aus Angst vor einer Ansteckung der Abschlussprüfung fernbleiben?

Nein. Wenn ein Auszubildender einer Prüfung ohne wichtigen Grund fernbleibt, wird diese als „nicht bestanden“ bewertet. Die reine Sorge vor einer Ansteckung ohne begründeten Verdacht gilt allerdings nicht als wichtiger Grund. Andern sieht das aus, wenn dein Auszubildender krank (mit Attest vom Arzt) ist oder eine Quarantäne vom Gesundheitsamt angeordnet wurde – in dem Fall ist er natürlich für die Prüfung entschuldigt.

Wann endet die Ausbildung während Corona?

Das beschlossene Ausbildungsende im Ausbildungsvertrag wird von der Pandemie nicht berührt. Das Datum gilt damit auch, wenn das Unternehmen zum Ende hin wegen des Lockdowns geschlossen war oder die Prüfungen verschoben wurden.

Zusammengefasst gibt es neben Aufhebungsverträgen und anderen Sonderfällen zwei Varianten, auf die ein Ausbildungvertrag normalerweise endet:

Zielerreichung oder Zweckerreichung

Der Auszubildende besteht die Prüfung. Da die Prüfung als Nachweis für den Erwerb der nötigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten gilt, ist damit das Ausbildungsziel erreicht. 3

  • Beispiel: Laut Ausbildungsvertrag endet das Ausbildungsverhältnis für eine dreijährige Ausbildung am 31. Juli.
  • Der Auszubildende besteht am 23. Juni die letzte Prüfung.
  • Mit Ausgabe der Prüfungsbescheinigung endet das Ausbildungsverhältnis.

Achtung: Durch eine Weiterbeschäftigung am 24. Juni (bei diesem Beispiel) entsteht ein unbefristeter Arbeitsvertrag zu den Konditionen eines vergleichbar qualifizierten Mitarbeiters.❗4

💡Noch ein Tipp: Bei dreieinhalbjährigen Ausbildungen, die meistens zum 31. Januar enden, funktioniert das natürlich genauso. Besteht der Auszubildende beispielsweise am 23. Januar die letzte Prüfung in dem Fall, endet auch in dem Fall die Ausbildung mit dem Überreichen der Prüfungsbescheinigung.

Zeitablauf

Das als Ende in einem Ausbildungsvertrag festgesetzte Datum läuft ab, ohne das der Auszubildende die Prüfung bis dahin bestanden hat. 5

  • Beispiel: Laut Ausbildungsvertrag endet das Ausbildungsverhältnis für eine dreijährige Ausbildung am 31. Juli.
  • Es gibt noch keinen Prüfungstermin ODER der Auszubildende hat am 23. August die letzte Prüfung.
  • Am 31. Juli endet das Ausbildungsverhältnis – auch wenn der Ausgang der Prüfung unklar ist.

Achtung: Durch eine Weiterbeschäftigung am 1. August (bei diesem Beispiel) entsteht ein unbefristeter Arbeitsvertrag zu den Konditionen eines vergleichbar qualifizierten Mitarbeiters.❗6

💡Noch ein Tipp: Bei dreieinhalbjährigen Ausbildungen, die meistens zum 31. Januar enden, funktioniert das natürlich genauso. Ist die letzte Prüfung beispielsweise erst am 23. Februar in dem Fall, endet das Ausbildungsverhältnis trotzdem wie geplant am 31. Januar.


Ich hoffe, die Tipps und Informationen helfen dir dabei, in dieser wirren Zeit etwas den Überblick zu bewahren. Sollten noch Fragen offen sein, hinterlasse mir gerne einen Kommentar. Ich freu mich auf deine Nachricht! ❤️

Quellen:

  1. § 1 Ziele und Begriffe der Berufsbildung – Berufsbildungsgesetz (BBiG), auf https://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005/__1.html; zuletzt abgerufen am 13. Januar 2020
  2. § 13 Verhalten während der Berufsausbildung – Berufsbildungsgesetz (BBiG), auf https://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005/__13.html; zuletzt abgerufen am 13. Januar 2020
  3. § 21 Absatz 2 Beendigung – Berufsbildungsgesetz (BBiG), auf https://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005/__21.html; zuletzt abgerufen am 13. Januar 2020
  4. § 24 Weiterarbeit – Berufsbildungsgesetz (BBiG), auf https://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005/__24.html; zuletzt abgerufen am 13. Januar 2020
  5. § 21 Absatz 1 Beendigung – Berufsbildungsgesetz (BBiG), auf https://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005/__21.html; zuletzt abgerufen am 13. Januar 2020
  6. § 24 Weiterarbeit – Berufsbildungsgesetz (BBiG), auf https://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005/__24.html; zuletzt abgerufen am 13. Januar 2020

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