Coaching als Führungsstil

Was bedeutet das Wort Coaching?

Das Wort Coach ist der englischen Sprache entliehen und bedeutet so viel wie Bus oder Kutsche. Versucht man das mit der Betreuung von Menschen in Verbindung zu setzen, ist Coaching ein Prozess, durch den man von A nach B kommt – wobei der Fahrer (in dem Fall der Coach) das Fahrzeug oder die Pferde lenkt und leitet.

Mehr zur Frage, was Coaching eigentlich ist und vor allem, was Coaching nicht ist, findest du in diesem Artikel von Landsiedel.

Coaching als Führungsstil – was ist das?

Während man als Ausbilder oder Ausbilderin manchmal dazu geneigt ist, Problemlösungen vorzugeben, um Lernergebnisse schneller zu erzielen, ist es bei Coaching als Führungsstil genau andersherum: Es ist wie eine Art Beratung, durch die Auszubildende bei der Entwicklung eigener Problemlösungen begleitet und gefördert werden.

Das erfordert von dir als Ausbilder natürlich, dass du dich deutlich mehr zurücknimmst – was je nach eigenem Charakter ziemlich herausfordernd sein kann!

Coaching als Führungsstil – wo kann man diesen Ansatz einordnen?

Bemüht man das Full Range Leadership Model bzw. die Full Range Leadership Theory, lässt sich Führung in drei Grundrichtungen unterteilen:

  • Laissez-faire Führung
  • Transaktionale Führung
  • Transformationale Führung

Während eine Führungskraft beim Führungsstil Laissez-faire ihre Mitarbeiter sich weitgehend selbst überlässt, indem keine feste Regelungen vorgegeben werden, steht bei der transaktionalen Führung der sachliche Austausch im Vordergrund. Heruntergebrochen bedeutet das: Es geht lediglich um einen Austausch von Leistung gegen Bezahlung – so effizient wie möglich. Dies ist im Ausbildungsverhältnis (hoffentlich) nie so, aber sofern der „normale“ Mitarbeiter tut, was er soll, wird er durch sein Gehalt belohnt. Direkt gesagt: ansonsten gibt es nichts.

Bei der transformalen Führung hingegen steht die Veränderung der Werte, Motive und Ziele im Vordergrund, also genau das, was wir in der Ausbildung machen. Dadurch sollen das Engagement, Selbstvertrauen und Zufriedenheit der Mitarbeiter und Auszubildenden steigen. Hier geht es also um viel mehr, als um die Arbeit – es geht um das Miteinander und den positiven Einfluss auf die persönliche Entwicklung. Und das für alle Beteiligten in der Ausbildung.

Ganz kurz gefasst lassen sich die Aufgaben einer Führungskraft mit einem transformationalen Führungsstil mit den vier „I“s beschreiben 1:

  • Idealized influence bzw. Vorbildfunktion
  • Inspirational motivation bzw. inspirierende Motivation
  • Intellectual stimulation bzw. intellektuelle Anregung
  • Individualized consideration bzw. individuelle Unterstützung – Genau hier lässt sich auch das Coaching als Führungsstil verorten.

Ziel der Individualized consideration bzw. individuelle Unterstützung ist es, den Menschen ganzheitlich wahrzunehmen und ihre besonderen Fähigkeiten und Stärken ganz individuell zu fördern.

Spannend: Coaching als Führungsstil stammt ursprünglich auf den USA, hat inzwischen aber auch in Deutschland Einzug gehalten – dennoch findet man den Ansatz in älterer Literatur für Ausbilderinnen und Führungskräfte nur selten. Grund dafür ist wahrscheinlich, dass Coaching als Führungsstil lange nicht als „in den Arbeitsalltag integrierbar“ galt. Das ist meiner Meinung nach aber völliger Quatsch. Die Arbeit als Ausbilder ist heute mehr denn je von Themen wie Psychologie, Individualität und Pädagogik geprägt – warum sollte man dann solche Ansätze nicht in die Tätigkeit einfließen lassen?

Coaching als Führungsstil – welche Vorteile hat dieser Ansatz?

Wie eben bereits erwähnt liegen die Vorteile dieses Führungsstil definitiv im emotionalen Bereich.

Vorteil Hinweise
das Selbstvertrauen wird gestärkt Dadurch werden unsere Auszubildende nicht nur zu wertvolleren Mitarbeitern für das Unternehmen, sondern ihre Motivation und Individualität wird gestärkt. Selbstbewusstsein bedeutet nämlich auch, Eigenständigkeit, Mut und Vertrauen.
das Engagement wächst Getreu des Grundsatzes „Geben und Nehmen“ wächst durch deinen Einsatz das Engagement – denn sie möchten dir etwas zurückgeben. Die gesteigerte Produktivität wirkt sich auch umgehend auf den Erfolg deines Unternehmens aus.
die Zufriedenheit wächst Mitarbeiterzufriedenheit wirkt sich nicht nur positiv auf die Arbeit aus, sondern verringert auch das Risiko der Mitarbeiterfluktuation.

Oder ganz kurz gesagt: Auszubildende und Mitarbeiter sind zufriedener, motivierter und leistungsfähiger, wodurch es für dich leichter wird, dein Team zu führen.

Welche Voraussetzungen musst du zur Umsetzung mitbringen?

Nach Ansicht des Psychologen Daniel Goleman vor allem emotionale Intelligenz 2 und Empathie – denn das erleichtert es dir, positive Beziehungen aufzubauen. Emotionale Intelligenz bedeutet in dem Fall, dass du die Gefühle deiner Schützlinge nicht nur wahrnehmen und verstehen, sondern auch beeinflussen kannst. Die perfekte Grundlage für ein erfolgreiches Coaching als Führungsstil.

Solltest du nicht unbedingt der emotionale Typ sein, ist das vollkommen okay: emotionale Intelligenz und Empathie sind lernbar und ausbaubar. Wichtig ist nur, dass du es übst. Wie? Das verrate ich dir im nächsten Abschnitt.

Coaching als Führungsstil – 5 Praxistipps

  • Persönliche Gespräche: Um die Schwächen und Stärken deiner Schützlinge, sowie ihre Wünsche, beruflichen Ziele und Vorstellungen zu kennen, musst du mit ihnen reden. Vereinbare hierfür feste Gesprächstermine, mach dir Notizen und halte deine persönliche Meinung zurück. Bei diesen Gesprächen steht der Aufbau von Vertrauen und Bindung im Vordergrund – wichtige Grundlagen, um die Entwicklung deiner Auszubildenden zu begleiten.
  • Aktives Zuhören: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – denn wenn du selbst permanent sprichst, kannst du gar nicht hören, was dein Gegenüber dir erzählt. Um deinem Gesprächspartner zu signalisieren, dass du ihm zuhörst,
    • halte den Blickkontakt und nicke.
    • Fasse die Aussagen in regelmäßigen Abständen zusammen und frage, ob du ihn richtig verstanden hast.
    • Verbalisiere die Gefühle, die hinter den Sachaussagen stecken und fördere so dessen Selbstreflexion und Selbstklärung.
  • Fragen stellen: Die meisten Menschen denken, wer redet, führt. Aber kennst du die Aussagen „Wer fragt, führt?“. Denn mit den richtigen bzw. offenen Fragen erfährst du mehr über die Wünsche, beruflichen Ziele und Vorstellungen deines Gegenübers – und lenkst ganz nebenbei das Gespräch und dessen Entwicklung.
  • Lösungsorientiert beraten: Wie eingangs bereits erwähnt, bedeutet Beraten in diesem Fall nicht, eine Lösung vorzugeben. Sondern indem du deinen Auszubildenden mit Fragen dazu motivierst, über Lösungsmöglichkeiten und deren Umsetzung nachzudenken, förderst du in ihm eine ganz andere Denkweise. Denn eins musst du dir vor Augen halten: Menschen mit Problemen denken entsprechend oft problemorientiert. Deine Aufgabe ist daher, ihn zu einer lösungs- und ressourcenorientierten Denkweise zu bringen.
  • Feedback geben: Wichtig beim Feedback ist, veränderbare und beizubehaltende Verhaltensweisen wertfrei zu beschreiben, um die positive Grundstimmung des Gesprächs aufrechtzuerhalten. Vorwürfe oder Vorhaltungen bringen weder dir noch dem Gegenüber etwas.

Fazit: Ist Coaching als Führungsstil der heilige Gral in Ausbildungssituationen?

Wie ich im Abschnitt „Coaching als Führungsstil – welche Vorteile hat dieser Ansatz?“ bereits erklärte, sind die Vorteile dieses Ansatzes nicht von der Hand zu weisen. Aber: in meinen Augen ist es nicht möglich, in der kompletten Ausbildung in diesem Modus zu sein. Ich empfehle dir, einen Mix aus verschiedenen Führungsstilen anzuwenden – und von jedem das Beste und passendste für euch alle zu nutzen.

Quellen:

  1. Hinweis: Es gibt noch mehrere Erklärungsansätze für den transformationalen Führungsstil. Ich beziehe mich in meinem Artikel auf das Werk „Leadership and performance beyond expectations“ von Bernard Morris Bass aus dem Jahre 1985.
  2. Goleman, Daniel (2002). Emotionale Führung. München: Econ Ullstein List Verlag

2 Kommentare

  1. Julia Fachinger

    Liebe Katja,

    toller Beitrag. Besonders wichtig ist aus meiner Sicht dieser Teil: „Ich empfehle dir einen Mix aus verschiedenen Führungsstilen anzuwenden – und von jedem das Beste und passendste für dein Team zu nutzen. Als Führungskraft zu coachen bedeutet nicht, das du nie auch andere Stile nutzen darfst – du solltest sie allerdings der Situation angemessen anwenden.“

    Der Mix macht aus meiner Sicht auch den Unterschied und hilft den Klienten über den Tellerrand hinaus zu sehen.

    Beste Grüße,
    Julia Fachinger

    Antworten
    • Katja Schönefeld

      Huhu Julia,

      danke für dein Lob und deine Ergänzung. Ich stimme dir definitiv zu!

      Liebe Grüße
      Katja

      Antworten

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