Wie ist das eigentlich mit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz?

Nachdem es in den ersten „Wie ist das eigentlich“-Artikeln eher um Auszubildende ging, gehen wir heute der Frage auf den Grund, wie die derzeitige Rechtslage (2022) zum Thema Videoüberwachung am Arbeitsplatz aussieht. Zu beachten sind neben Persönlichkeitsrechten auch die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz.

Grundsätzliches zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Einer Studie zufolge sind in den letzten Jahren fast 75 Prozent aller Unternehmen 1 von Wirtschaftskriminalität betroffen – kein Wunder, dass immer mehr Ausbildende sich überlegen, wie sie sich vor Diebstählen schützen können – einerseits durch Mitarbeiter wie Auszubildende, aber auch durch Kunden.

Doch so einfach ist das nicht, denn eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz stellt einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern 2 3 dar – auch wenn Arbeitgeber ein Recht auf Eigentum 4 haben.

Wann ist die Videoüberwachung am Arbeitsplatz zulässig oder eben unzulässig?

Nur wenige Themen im Arbeitsrecht sind so umstritten wie die Überwachung durch Videokameras am Arbeitsplatz. Daher wollen wir dir im Folgenden einige Tipps geben, woran du erkennen kannst, ob die Videoüberwachung der Geschäftsräume erlaubt ist.

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen: Eine Kameraüberwachung ist nach DSGVO unzulässig. Allerdings gilt hier in Deutschland das Bundesdatenschutzgesetz (mehr zu DSGVO vs. Bundesdatenschutzgesetz hier). Alle Regelungen zum Kameraeinsatz sind in Paragraf 4 BDSG 5 geregelt.

Zunächst muss die Überwachung durch eine Kamera erforderlich sein. Wenn ein möglicher Diebstahl beispielsweise von Büromaterial durch ein Sicherheitsschloss am Schrank verhindert werden könnte, gilt die flächendeckende Überwachung aller Mitarbeiter als überzogen und nicht zweckmäßig.

Weiterhin muss eine Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Mitarbeiter und den Rechten des Arbeitgebers erfolgen. Wenn also “nur” ein paar Büroklammern fehlen, gelten die Persönlichkeitsrechte als wichtiger. Natürlich ist ein Diebstahl eben ein Diebstahl und kann somit das Vertrauen zerstören – aber darum geht es hier aktuell nicht. Zur Abwägung zählt auch der Stand der Mitarbeiter. Wenn du ausschließlich Auszubildende überwachen möchtest, wird es schwierig, da diese besonders geschützte “Mitarbeiter” sind und die pädagogischen Ansätze fast alles andere überstrahlen sollten.

Auch wenn die Kamera erforderlich wäre und die Rechte des Arbeitgebers überwiegen, bedeutet das nicht automatisch, dass die Überwachung in allen Bereichen der Firma durchgeführt werden darf. Eine Videoüberwachung ist immer in folgenden Bereichen verboten:

  • Sanitäre Anlagen
  • Umkleideräume
  • Pausenräume
  • Raucherecken
  • Ruheräume
  • Alle anderen Räume die überwiegend privat genutzt werden

Die Videoüberwachung darf im übrigen auch keinen Ton aufzeichnen 6.

Weiterhin existiert eine Hinweispflicht auf eine Kameraüberwachung sowie eine Erklärung, wer aufnimmt, zu welchem Zweck und was mit den Aufnahmen passiert (Aufbewahrungszeit, Löschfristen etc.).

Verdeckte Kameraüberwachung

Eine verdeckte Videoüberwachung darf in der Regel nur erfolgen, wenn diese anlassbezogen ist (z. B. soll ein Diebstahlverdacht belegt werden) und nur kurzfristig ist 7 8. Dennoch müssen zuvor auch wieder weniger einschneidende Sicherheitsmaßnahmen geprüft werden.

7 Tipps zum Thema Videoüberwachung am Arbeitsplatz

  1. Bei der Videoüberwachung am Arbeitsplatz gilt der Grundsatz der Datensparsamkeit: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
  2. Um sicherzugehen, dass alles so ist, wie es soll, ist der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens mit der Vorabkontrolle zu betrauen.
  3. Wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht 9, denn zu seinen Grundaufgaben gehört der Schutz der Persönlichkeitsrechte aller Mitarbeiter 10.
  4. Sicherheitstechnik muss nicht teuer sein. Inzwischen gibt es eine große Auswahl an Überwachungskameras, deren Anschaffungskosten auch von kleinen Unternehmen gestemmt werden können.
  5. Sollte deine Überwachungskamera über eine Audiofunktion verfügen, empfehle ich dir diese zur Wahrung des § 201 StGB deaktivieren.
  6. Doch Achtung, Probleme wie Inventurdifferenzen oder nicht stimmende Kassen können auch andere Ursachen haben. Meist wird an anderen Stellen unachtsam gearbeitet. Zu den Klassikern gehören:
    • Die Warenlieferung war fehlerhaft und wurde nicht korrekt kontrolliert.
    • Die gelieferte Ware war vollständig, musste allerdings entsorgt werden, weil etwas kaputtging oder verdarb – der neue Bestand wurde allerdings nicht dokumentiert.
    • Beim Kassieren wurde falsche Zahlen eingegeben oder das Rückgeld nicht richtig kontrolliert.
  7. Als Arbeitgeber bzw. Ausbildender solltest du dich vor dem Einsatz von Überwachungskameras am Arbeitsplatz umfassend informieren und durch Rücksprache mit einem Anwalt rechtliche Probleme ausmerzen.

Die Datenschutzbeauftragten und Aufsichtsbehörden der Länder

Solltest du als Auszubildender unsicher sein, ob deine Persönlichkeitsrechte durch die Überwachung am Arbeitsplatz verletzt werden, kannst du dich an

  • den Datenschutzbeauftragten deines Betriebs,
  • den Betriebsrat oder
  • die jeweilige Aufsichtsbehörde deines Bundeslands wenden.

Eine Auflistung der Telefonnummern der Landesbeauftragten für Datenschutz bzw. Aufsichtsbehörden findest du hier:

Bundesland

Telefonnummer

Mail

Baden-Württemberg 0711 61 55 41 – 0 poststelle@lfd.bwl.de
Bayern

Privater Bereich: 0981 53 – 1300

Öffentlicher Bereich: 089 212672 – 0

Privater Bereich: poststelle@lda.bayern.de

Öffentlicher Bereich: poststelle@datenschutz-bayern.de

Berlin

030 13889 – 0

mailbox@datenschutz-berlin.de

Bremen

0421 3612010 oder 0471 5962010

office@datenschutz.bremen.de

Brandenburg

033203 356 – 0

Poststelle@LDA.Brandenburg.de

Hamburg

040 428 54 – 4040

mailbox@datenschutz.hamburg.de

Hessen

0611 1408 – 0

poststelle@datenschutz.hessen.de

Mecklenburg-Vorpommern

0385 59494 – 0

info@datenschutz-mv.de

Niedersachsen

0511 120 – 4500

poststelle@lfd.niedersachsen.de

Nordrhein-Westfalen

0211 38424 – 0

poststelle@ldi.nrw.de

Rheinland-Pfalz

06131 208 – 2449

poststelle@datenschutz.rlp.de

Saarland

0681 94781 – 0

poststelle@datenschutz.saarland.de

Sachsen

0351 493 – 5401

saechsdsb@slt.sachsen.de

Sachsen-Anhalt

0391 81803 – 0

poststelle@lfd.sachsen-anhalt.de

Schleswig-Holstein

0431 988-1200

mail@datenschutzzentrum.de

Thüringen

03 61 37 71 – 900

poststelle@datenschutz.thueringen.de

(Stand 2022 – alle Angaben ohne Gewähr)

Quellen:

  1. PricewaterhouseCoopers
  2. § 1 Grundgesetz
  3. § 2 Grundgesetz
  4. § 14 Grundgesetz
  5. §4 Bundesdatenschutzgesetz
  6. § 201 Strafgesetzbuch
  7. §4 Bundesdatenschutzgesetz
  8. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21.6.2012, 2 AZR 153/11
  9. 87 Betriebsverfassungsgesetz
  10. § 75 Betriebsverfassungsgesetz

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