Haben Arbeitgeber Anspruch auf die private Handynummer ihrer Mitarbeiter?
Antwort des LAG Thüringen: Nein.
Aktenzeichen: 6 Sa 442 / 17 und 6 Sa 444 /17 (vorherige Entscheidung durch das Arbeitsgericht Gera – Az.: 5 Ca 163 /17 und 5 Ca 125/17)
Was war passiert?
- Als Arbeitgeber mag man den Wunsch vielleicht schon verstehen, die eigenen Mitarbeiter im Notfall immer erreichen zu können – daher kommt das Begehren eines kommunalen Gesundheitsamts an seine Mitarbeiter nicht so überraschend: Durch die Umstellung seines Systems der Rufbereitschaft forderte er die Herausgabe der privaten Handynummer seiner Mitarbeiter.
- Diese wollten allerdings nicht außerhalb des Bereitschaftsdienstes auf ihrer Mobilfunknummer erreichbar sein.
- Dafür war dem Arbeitgeber die private Festnetznummer der Arbeitnehmer sehr wohl bekannt.
Was war die Konsequenz? ⇾ Abmahnung
- Auf die Verweigerung der Mitarbeiter reagierte der Landkreis Greiz mit Abmahnungen, da der Arbeitgeber es als arbeitsvertragliche Pflicht der Angestellten ansah, diese im Notfall immer per Handy erreichen zu können.
- Die Mitarbeiter wollten die Abmahnungen (verständlicherweise) nicht akzeptieren und forderten die Entfernung aus ihren Personalakten.
Was sagt das Gericht dazu?
- Dem Wunsch des Arbeitgebers konnte das Landesarbeitsgericht Thüringen nicht folgen
- Damit bestätigte das Gericht die Klage auf Entfernung der Abmahnungen aus den Personalakten.
- Ebenso betonten die Richter, dass ein Anspruch auf die private Handynummer des Arbeitnehmers nur unter ganz besonderen Umständen bestünde: zum Beispiel, wenn die Arbeitspflichten eines Mitarbeiters sonst nicht anders zu organisieren wären (was in dem Fall nicht so war).
- Nach Ansicht des LAG Thüringen würde der Zwang zur Herausgabe einer privaten Handynummer zudem einen enormen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen. Für diesen müsste es ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers geben. Unter Abwägung der Interessen beider Parteien wiege das Recht des Arbeitnehmers auf Privatsphäre und Ruhe in diesem Fall schwerer, da der Arbeitgeber
- das Problem durch die Umstellung seines Systems der Rufbereitschaft zum einen selbst herbeigeführt hat,
- aber es auch andere Möglichkeiten gäbe, Mitarbeiter im Notfall zu kontaktieren.
Quellenangaben und Hinweise:
Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts in Thüringen: Medieninformation Nr. 3/18 “Abmahnung – Muss der Arbeitnehmer zur Absicherung eines Notfalldienstes außerhalb einer Rufbereitschaft seine private Mobilfunknummer herausgeben?”, auf: https://www.thueringen.de/mam/th4/arbeitsgericht/content/mi_urteil_16_05_2018.pdf; abgerufen am 17. Juli 2018. Update 2021: Die Pressemitteilung ist auf der Webseite nicht mehr vorhanden, allerdings über die “archive.org Wayback Machine” aufrufbar: https://web.archive.org/web/20190108150952/https://www.thueringen.de/mam/th4/arbeitsgericht/content/mi_urteil_16_05_2018.pdf
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